Anomalien der Gamma-Anpassung in der Tonwertkorrektur von Adobe Photoshop
In unserem Artikel zum Thema Farbintegrität wird aufgezeigt, dass Gamma-Anpassungen nicht den Anforderungen zum Erhalt der Farbintegrität eines Bildes entsprechen, da für sie nicht gilt, dass alle Pixel eines Farbkanals nur mittels Multiplikation mit einem konstanten Faktor verändert werden.
Gamma-Anpassungen sind jedoch ein wichtiges Werkzeug zur Kalibrierung von Bildmaterial und haben in diesem Kontext bei korrektem Einsatz auch keine negativen Auswirkungen auf die Farbintegrität.
Jede bildmäßige Verwendung der Gamma-Funktion sollte jedoch vermieden werden, da sie die Farbintegrität des Bildes unwiederbringlich zerstört. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit Anomalien bei der manuellen Gammakorrektur in Photoshop und zeigt auf, dass diese selbst zu Zwecken der Kalibrierung nur mit äußerster Vorsicht genutzt werden sollte.
Die Online Hilfe zu Adobe Photoshop beschreibt die Funktionsweise des mittleren Tonwertspreizung-Reglers der Tonwertkorrektur mit dem Satz: "Der mittlere Tonwertspreizung-Regler (das graue Dreieck unter dem Histogramm) dient zum Anpassen der Gammawerte [...]. Der Mitteltonwert (Tonwert 128) wird verschoben [...], ohne dass dies eine erhebliche Änderung der Lichter und Tiefen zur Folge hätte."
Aus dieser Aussage zu schließen, es handele sich bei diesem Werkzeug um die Gamma-Funktion, ist jedoch nur annähernd korrekt. Tatsächlich existieren zwei wesentliche Abweichungen von der Gamma-Funktion. Numerisch entspricht der in Photoshop verwendete Wertebereich nicht ɣ sondern 1/ɣ. Um einen Gammawert von 0,5 auf das Bildmaterial anzuwenden, muss also 1/0,5=2 spezifiziert werden. Diese numerische Abweichung ist, sobald man von ihr weiß, unproblematisch.
Der eigentliche Fehler ist die inkorrekte Implementierung oder unerklärliche Modifikation der Funktion für Werte größer als 1/ɣ=1. Die Abweichung bleibt zunächst klein genug, um für 1/ɣ<1,4 wenig ins Gewicht zu fallen. Über den Wert 1,4 hinaus nimmt der Effekt jedoch zu und findet seine extremste Ausprägung zwischen 1/ɣ=2,5 und 1/ɣ =3. Die Probleme treten in den dunkelsten Bereichen des Bildes auf und betreffen die Werte ≤ 25 von 255. Diese Werte sind nach der Anpassung um bis zu 25% geringer, als sie sein müssten.
Visualisierung des Fehlers
Der Sachverhalt lässt sich leicht anhand eines Beispiels zeigen. Erstellen Sie eine 1000 px breite Grafik in Photoshop im Modus RGB mit einer Farbtiefe von 16-Bit/Kanal. Füllen Sie nun die Arbeitsfläche mit einem Verlauf von Weiß nach Schwarz. Duplizieren Sie anschließend die Ebene mit dem Verlauf und führen Sie zunächst eine Gamma-Anpassung um 2 durch Eingabe des Wertes 1/ɣ=0,5 im mittleren Feld der Tonwertkorrektur durch. Anschließend machen Sie diese Anpassung rückgängig, indem Sie in einem erneuten Aufruf der Tonwertkorrektur den umgekehrten Wert also 1/0,5=2 verwenden. Um den Fehler aufzuzeigen, vertauschen Sie mittels der Funktion Bild / Anpassen / Umkehren Schwarz und Weiß auf der oberen Ebene. Wenn Sie nun die Transparenz der oberen Ebene auf 50% stellen und das Bild anschließend auf die Hintergrundebene reduzieren, sollte eine uniforme graue Fläche mit R-, G- und B-Werten von 127 oder 128 entstehen. In der Info-Palette können Sie jedoch ablesen, dass die Pixel im Bereich der Schatten des Originalverlaufs Werte von bis zu 136 annehmen. Der Bereich der Abweichung kann mittels des Befehls Bild / Anpassen / Tonwertangleichung visualisiert werden.
Um zu zeigen, dass sich der Grad der Abweichung tatsächlich mit steigenden Werten verschlimmert, können Sie den Test wiederholen und anstelle der Anpassung um 1/ɣ=2 drei Anpassungen um je 1/ɣ=1,26 vornehmen. Das Ergebnis sollte per Definition der Gamma-Funktion identisch sein, da 1,26^3=2 ist. Tatsächlich steigen die Werte der entsprechenden Pixel nun jedoch nur noch auf ein Maximum von 130 an. Es ist ein wesentlich kleinerer Bereich betroffen als zuvor und die Abweichungen sind deutlich geringer. Auch dies kann visualisiert werden.
Wenn sie die Muße haben, den Test ein drittes Mal durchzuführen und anstelle der Anpassung um 1/ɣ=2 acht Anpassungen um je 1/ɣ=1,09 vornehmen, ist die entstehende Farbfläche nahezu uniform. Die Gamma-Funktion der Tonwertkorrektur in Photoshop ist also tatsächlich fehlerhaft.
Die Gamma-Funktion unserer Plug-ins zeigt keine dieser Anomalien.
Seien Sie jedoch erneut ausdrücklich vor der Verwendung der Gamma-Funktion in Photoshop, ColorNeg und ColorPos zu bildmäßigen Zwecken gewarnt, da diese unweigerlich zum Verlust der Farbintegrität des Bildes führt. Wenn Sie glauben, es mit fehlerhaft entwickeltem Filmmaterial zu tun zu haben, kann die Gamma- Einstellung dazu genutzt werden, dem Bild mittels Kalibrierung des Materials eine naturgetreuere Erscheinung zu geben.
Wenn Ihr Ziel ist, ein Farbbild kontrastreicher oder weniger kontrastreich zu machen, als es natürlicherweise wäre, empfehlen wir Ihnen eine spätere Gamma-Anpassung mit Hilfe unseres Plug-ins GamSat. Dieses verwendet einen speziellen Algorithmus, der die Farbintegrität des Bildes bei der Gamma-Anpassung zum maximal möglichen Grad erhält.