Handhabung der Lichter in Negativumwandlungen mit ColorPerfect
Einige Nutzer erkundigten sich, wie das System zur Komprimierung der Lichter in ColorPerfect funktioniert. Häufig wird zudem die Frage gestellt, wie es generell dazu kommt, dass die Lichter in Negativumwandlungen ohne eine solche Komprimierung beschnitten würden. Wir haben die Komprimierung der Lichter in ColorPerfect 1.04 durch eine Weiterentwicklung verbessert und werden im Folgenden versuchen, diese Fragen zu beantworten. Dazu werden wir uns zunächst mit den grundsätzlichen Charakteristika von Negativfilm beschäftigen und uns anschließend einem Beispielbild zuwenden, um an diesem die Funktionsweise des Komprimierungssystems für die Lichter in ColorPerfect zu erläutern. Der nachfolgende Artikel richtet sich an Fotografen und setzt voraus, dass Sie mit fotografischen Konzepten, wie der Kombination von Blende und Verschluss zur Erreichung einer bestimmten Belichtung, vertraut sind.
Wie viele Lichtwerte kann ein einzelnes Farbnegativ aufzeichnen?
In diesem ersten Abschnitt werden wir zeigen, dass Negativfilm im Allgemeinen mehr Helligkeitsinformationen aufzeichnen kann, als in einem Positivbild ohne Rückgriff auf spezielle Techniken wiedergegeben werden können. Um einen ersten Eindruck der Größe des Tonwertumfangs zu vermitteln, der in einem normalen Positivbild wiedergegeben werden kann, lassen Sie mich Ansel Adams Standardwerk Das Negativ zitieren: "Der Zonenbereich, der eindeutig Struktureigenschaften vermittelt und das Wesentliche erkennbar macht, ist der durchgezeichnete Bereich von Zone II bis Zone VIII". Für unsere Zwecke ist es ausreichend zu wissen, dass bei der Aufnahme eines Fotos eine der von Adams angesprochenen Zonen einem Lichtwert (LW) oder einer Blenden- bzw. Belichtungsstufe entspricht. Der durchgezeichnete Bereich des späteren Positivbildes umfasst also grob 7 Blendenstufen. Um ebenfalls einen ersten Eindruck der Größe des Tonwertumfangs zu vermitteln, der auf Negativfilm aufgezeichnet werden kann, lassen Sie mich Adams erneut zitieren: "Dichtewerte, die sich aus Belichtungen oberhalb von Zone IX ergeben, können vom Negativ aufgezeichnet werden; tatsächlich kann beachtliche Tonwerttrennung für die Zonen X, XI, XII und sogar noch höher bestehen". Obgleich die Schwarz-Weiß-Filme, auf die sich Adams bezieht, durchaus einen noch größeren Dynamikumfang haben könnten als der durchschnittliche Farbnegativfilm, können wir mit Sicherheit annehmen, dass die meisten Farbnegativfilme ebenfalls einen Tonwertumfang von 10 oder mehr Belichtungsstufen aufnehmen können.

Im folgenden Abschnitt werden wir, um die zuvor genannten Fakten zu verifizieren, die charakteristischen Kurven eines aktuellen Farbnegativfilms betrachten. Es ist nebensächlich, zu welchem Film diese Kurven gehören. Falls Sie sich jedoch fragen sollten, es ist der Kodak Ektar 100. Wir werden versuchen, die nachfolgende Diskussion einfach zu halten. Sollte sie sich dennoch als zu technisch für Ihren Geschmack herausstellen, überspringen Sie diesen Abschnitt und lesen Sie direkt den Nachfolgenden, in dem wir das in ColorPerfect implementierte Komprimierungssystem für die Lichter am Beispiel erklären.
Charakteristische Kurven sind Darstellungen der Dichte im Vergleich zu LOG Belichtung, d. h. sie zeigen uns, wie dicht (geschwärzt) ein beliebiger Punkt auf einem Negativfilm wird, wenn auf diesen eine bestimmte Lichtmenge trifft. Es ist nicht erforderlich, die Umwandlung in Dichtewerte und ihre Auswirkungen im Detail zu verstehen. Es ist ausreichend zu wissen, dass die Helligkeiten einer fotografierten Szene auf Negativfilm in Form von Dichtewerten gespeichert werden und dass ColorPerfect, um ein physikalisch korrektes Positivbild der Szene zu erzeugen, diesen Prozess rückgängig machen kann. Wir wollen nun verifizieren, wie viele Belichtungsstufen oder LW auf Farbnegativfilm unter Erhalt von Tonwerttrennung und Detail aufgenommen werden können. Auskunft darüber gibt die Skala LOG Belichtung in Verbindung mit den Kurven. Um diese Daten zu interpretieren, ist es ausreichend zu wissen, dass jeder Zuwachs um 0,3 LOG Belichtung dem Zuwachs um einen Belichtungswert entspricht. Wir können daher ein Raster aus Belichtungsstufen über die Kurven legen. Die Linie ganz links liegt dabei vor dem ersten nennenswerten Dichtezuwachs auf dem Film, sie repräsentiert in jedem Positivbild reines Schwarz. Wir werden annehmen, dass die Linie ganz rechts im Positiv reines Weiß repräsentiert, obwohl auf dem Negativ durchaus noch Informationen jenseits dieses Punktes liegen können. Die Kurven enden nicht einfach, wie im Diagramm gezeigt, doch da der Schulterbereich der Kurven nicht dargestellt ist, ignorieren wir diesen. Der Bereich zwischen diesen beiden Linien repräsentiert alle Tonwerte, die ein Negativ dieses Filmtyps unter Wahrung von Tonwerttrennung und Detail aufzeichnen kann.
Um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, was dies für ein fertiges Positivbild bedeutet, stellen wir uns vor, unsere Szene sei eine einfache Grauskala. Beginnend mit reinem Weiß am rechten Ende der Skala halbiert sich die Lichtmenge mit jedem Belichtungsschritt. Wenn wir die linke Seite der Grauskala betrachten, wird deutlich, dass einige Belichtungsfelder auf unserem Bildschirm schwarz erscheinen. Ein normales Positivbild wird in diesen Bereichen wenige erkennbare Details aufweisen. Wenn wir Details in diesen Bereichen des Positivbildes sichtbar machen wollen, müssen wir die generelle Belichtung erhöhen. Nun können wir im Positivbild Abstufungen differenzieren, die zuvor schwarz erschienen. Zugleich werden jedoch zwei Belichtungsfelder am rechten Ende der Skala, die zuvor erkennbare Details enthielten, weiß. Bei weitem nicht alle Negative erreichen überhaupt ihre maximal mögliche Schwärzung, d. h. Negative enthalten möglicherweise weniger Helligkeitsabstufungen, als wir hier dargestellt haben. Es kann daher sein, dass Ihre Negative weniger nicht abziehbare Informationen enthalten, die wenigsten Negative enthalten jedoch gar keine solchen. Der Umstand, dass Negative generell mehr Helligkeitsinformationen speichern können, als in einem Positivbild ohne Rückgriff auf spezielle Methoden dargestellt werden können, beantwortet die Frage, warum es im Bereich der Lichter überhaupt zu Beschnitt oder im Bereich der Schatten zu nicht differenzierbaren Tonwerten kommen kann.
Das Kompressionssystem für die Lichter in ColorPerfect verwenden

Beginnen wir die Betrachtung des Kompressionssystems für die Lichter in ColorPerfect, indem wir den rechts gezeigten linearen Scan eines Negativs umwandeln. Lassen Sie uns zunächst eine Umwandlung erstellen, die alle Details in den Lichtern ohne jede Komprimierung erhält. Das Feld am rechten Rand des Bereichs Lichter der Benutzeroberfläche von ColorPerfect heißt Beschnitt. Hier wird die tatsächliche Anzahl der Pixel in Prozent ausgegeben, die mit den aktuell gewählten Einstellungen in den Lichtern beschnitten wird, d. h. die in einem oder mehreren Farbkanälen den maximalen Wert überschreiten müssten und diesen somit annehmen. Die Ausgabe bezieht sich stets auf das aktuelle Vorschaubild, d. h. nur wenn Sie den niedrigsten Zoom-Faktor verwenden, bezieht sich der ausgegebene Wert auf das gesamte Bild. Um ein Negativ so umzuwandeln, dass keinerlei Beschnitt auftritt und keine Komprimierung der Lichter nötig wird, muss dem Bild so viel Schwarz hinzugefügt werden, dass diese Ausgabe 0 oder nahezu 0 wird. Mit diesen Einstellungen sieht das gezeigte Beispielbild zu dunkel aus, obwohl in ihm noch reines Weiß in den Spitzlichtern der Perlen des Brautstraußes existiert. Sehen Sie sich das Bild genau an und merken Sie sich, wo die hellsten Bereiche des Brautkleides sind. Diese Bereiche sind diejenigen, die Sie zwischen den nachfolgend gezeigten Versionen vergleichen sollten. Um auf unsere obigen theoretischen Betrachtungen zurückzukommen, lassen Sie uns so viel Schwarz aus dem Beispielbild entfernen, dass das Bild um ca. einen Lichtwert heller wird. Diese Anpassung erhöht die Zahl der Pixel, die ohne Kompression beschnitten würden, signifikant.
Die Kompression der Lichter in ColorNeg hat bereits in allen Vorgängerversionen die komprimierenden Eigenschaften analoger fotografischer Medien emuliert, die zuvor im digitalen Bereich weitestgehend fehlten. ColorPerfect gewährt Ihnen mehr Kontrolle über diesen Prozess als es unser früheres Plug-in ColorNeg jemals tat. Grundsätzlich gibt es dabei zwei Einstellungen. Die Erste ist die Zahl der Lichtwerte, die komprimiert werden sollen. Wir haben das Beispielbild zuvor um ca. 1 LW aufgehellt. Eine Kompression dieses gesamten Lichtwertes würde zu einem Bild ohne Beschnitt führen. Der zweite Wert "Bereich" erlaubt es Ihnen, anhand eines Schwellenwertes die Anzahl der Tonwerte zu definieren, die im Rahmen der Komprimierung verwendet werden sollen. Wenn wir mit der Einstellung 250 den kleinstmöglichen Bereich wählen, kommt es zwar nicht länger zum Beschnitt, der durch die Komprimierung erhaltene Detaillierungsgrad ist jedoch trotzdem recht gering. Die komprimierten Tonwerte des Brautkleides weisen wenig Struktureigenschaften auf, denn kein komprimierter Pixel wird in den Farbkanälen, die ohne Komprimierung 255 überschritten hätten, dunkler als 250. Die Verwendung eines größeren Tonwertbereichs, z. B. mit der Einstellung 200, erhält mehr Detail und lässt somit mehr Struktureigenschaften erkennen. Die Kehrseite dieser Einstellung ist, dass, wenn Sie eine Anzahl an Lichtwerten wählen, die jeglichen Beschnitt verhindert, das fertige Bild weniger kontrastreich erscheinen kann als zuvor. Das auf diese Weise erzeugte Beispielbild hat keinerlei Spitzlichter mehr und erscheint somit trüb. Viele Motive profitieren von einem geringen Anteil an reinem Weiß, wie auch von einem geringen Anteil an reinem Schwarz im Bild. Die Kompression von nur 0,5 LW im Bereich oberhalb von 200 funktioniert für das gezeigte Beispiel unserer Meinung nach wesentlich besser, was jedoch eine Präferenzfrage ist. Ohne Kompression der Lichter wären beinahe 10% der Bildpunkte beschnitten worden. Unsere letzten Einstellungen reduzieren dies auf nur noch 0,6%, wodurch die Spitzlichter als solche erhalten bleiben. Probieren Sie die Einstellungen unter LW sequentiell durch, um herauszufinden, wie viele Belichtungsstufen jenseits von 255 für das Bild unter der vorgenommenen Bearbeitung existieren. Als allgemeine Faustregel lässt sich festhalten, dass Sie die niedrigste Einstellung für LW finden sollten, die in Kombination mit einem beliebigen Bereich das von Ihnen gewünschte Ergebnis erzielt, ohne zu viele Pixel zu beschneiden. Ein wenig Beschnitt ist oft akzeptabel. Verlassen Sie sich dabei auf Ihr visuelles Urteil - Sie bearbeiten Bilder, nicht Histogramme.
Im gezeigten Bild haben wir, um ein aussagekräftiges Beispiel zu erzeugen, eine große Menge Schwarz entfernt. Bei der tatsächlichen Arbeit mit ColorPerfect bestehen mannigfaltige Möglichkeiten das Ausmaß des Beschnitts zu reduzieren, ohne auf die Komprimierungsfunktion zurückgreifen zu müssen. Wir hätten weniger Schwarz entfernen und zur Aufhellung bestimmter Tonwertbereiche auf eine Zonenkurve zurückgreifen können. Wir hätten ColorPerfects einzigartige Farbfilter aus dem Menü CC verwenden können, um die Helligkeit der Hauttöne zu verändern oder wir hätten ColorPerfects Gamma-Werkzeug nutzen können, das ebenfalls den natürlichen Farbeindruck erhält. Wir hätten fortgeschrittene Techniken nutzen können, die Selektionen mit weicher Auswahlkante in Photoshop voraussetzen und erlauben verschiedene Bildbereiche verschiedenartig anzupassen. Um die hier gezeigten Beispielbilder zu erzeugen, taten wir nichts davon. Die gezeigten Bilder sind einfachste Negativumwandlungen mit ColorPerfect unter Verwendung der eingebauten Charakterisierung für den vorliegenden Filmtyp.
Nützliche Techniken für besondere Bilder
Wenn Sie noch mehr Kontrolle wünschen, können Sie stets mehrere Negativumwandlungen in Photoshop kombinieren. Um dies schnell und effizient zu tun, kopieren Sie Ihr lineares Ausgangsmaterial in Photoshop (Strg+A, Strg+C) und fügen Sie es auf einer oder mehreren neuen Ebenen ein (Strg+V). Wandeln Sie anschließend das Negativ auf der ersten Ebene in ColorPerfects Modus ColorNeg so um, dass das Ergebnis Ihren Vorstellungen in Bezug auf Gesamthelligkeit, Farbbalance, Sättigungsgrad usw. entspricht. Aktivieren Sie in dieser Umwandlung das Kompressionssystem für die Lichter mit den Einstellungen, die für Ihr Bild am besten funktionieren. Wenn Sie mit dem Bearbeitungsstand zufrieden sind, verlassen Sie das Plug-in mittels des Button O.K., wählen nun in Photoshop die nächste Ebene aus und starten ColorPerfect erneut. Auf der Palette Start können Sie nun mittels des Button "Wie Optionen > Letzte Werte" alle Einstellungen Ihrer vorangegangenen Bildbearbeitung wiederherstellen und so binnen Sekunden eine zweite Umwandlung erzeugen. In dieser Umwandlung fügen Sie dem Bild bspw. so viel Schwarz hinzu, dass es nicht länger zum Beschnitt kommt und Sie auf das Kompressionssystem für die Lichter verzichten können. Anschließend können Sie die erstellten Negativumwandlungen in Photoshop zu einem fertigen Positiv vereinen, z. B. mit den Ebenentransparenzeinstellungen oder dem Radiergummiwerkzeug in Kombination mit dem Befehl Bearbeiten > Verblassen. Wir raten Ihnen, sowohl die Tonwertkorrektur als auch die Gradationskurven in Photoshop tunlichst zu meiden, da beide Werkzeuge im überwiegenden Fall aller möglichen Bearbeitungen die Farben Ihres Bildes beschädigen. Wie und warum diese Werkzeuge das tun, sprengt den Umfang dieses Artikels und wird an anderer Stelle beschrieben werden. Verwenden Sie für alle weiteren Bildanpassungen den Modus Überarbeiten in ColorPerfect.
Anmerkung zu den oben angeführten Zitaten aus Ansel Adams - Das Negativ
Leider mussten wir feststellen, dass sich die Übersetzung der deutschen Ausgabe des Buches recht weit vom englischen Original entfernt. Beide Zitate werden dadurch verwässert, sodass wir uns entschlossen haben, den Originaltext dieser Passagen selbst für Sie zu übersetzen. Die betreffenden Stellen finden sich auf Seite 65 des deutschen Buches. Falls Sie an den Unterschieden interessiert sein sollten, können Sie die nachfolgende Gegenüberstellung betrachten.
Originaltext:
"The densities relating to exposures above Zone IX can be recorded, and in fact, considerable separation may exist on the negative for Zones X, XI, XII, and even higher."
Unsere Übersetzung:
"Dichtewerte, die sich aus Belichtungen oberhalb von Zone IX ergeben, können vom Negativ aufgezeichnet werden; tatsächlich kann beachtliche Tonwerttrennung für die Zonen X, XI, XII und sogar noch höher bestehen."
Übersetzung der deutschen Ausgabe:
"Analog wird die Schwärzung aus Belichtungen oberhalb Zone IX vom Negativ noch aufgezeichnet; tatsächlich sind möglicherweise die Lichter aus Zonen X, XI und XII noch gut durchgezeichnet - aber eben auf dem Negativ."
Originaltext:
"The range of zones which convey definite qualities of texture and the recognition of substance is the textural range, from Zones II to VIII."
Unsere Übersetzung:
"Der Zonenbereich, der eindeutig Struktureigenschaften vermittelt und das Wesentliche erkennbar macht, ist der durchgezeichnete Bereich von Zone II bis Zone VIII."
Übersetzung der deutschen Ausgabe:
"Der Bereich, der definierte, also erkennbar separierte Grautöne vermittelt, reicht von Zone II bis Zone VIII."